Neubau eines Ausbildungs- und Ausstellungszentrums für die Aescualp AG in Tuttlingen – Hersteller von medizintechnischen Geräten und Instrumenten.
Dem Zeitgeist und dem Vorbild großer Städte folgend, entwickelte Landbaumeister Karl Leonard von Uber 1804 nach dem großen Stadtbrand für die Kernstadt von Tuttlingen einen Generalplan aus einem orthogonalem Straßenraster und einer entsprechenden Quartiersbebauung. Die Stadterweiterung der Industrialisierungsphase wurde im gleichen Kontext weitergeführt, d. h. als konsequente Erweiterung im Stadtraster. Der Stadteingang, die „Pforte von Westen“, wird durch das „Scheererhaus“, das heutige Firmenmuseum der Aesculap AG, bestimmt. Auch die ersten Bauabschnitte der Aesculap AG auf den Anhöhen des Hügels sind auf dem Stadtraster entwickelt und prägen den Bereich durch ihre Dimensionen und Kontinuität im Material.
Aus der Erkenntnis der Stadtanalyse tritt der Hauptbaukörper des AESCULAPIUMS gegenüber der Bahnhofstraße zurück und lässt die Sicht auf das vorgenannte Scheererhaus frei, das weiterhin die Pforte zur Innenstadt bildet. Die Lage des AESCULAPIUMS an der Peripherie des letzten Stadtrasters lässt jedoch ein Abweichen von der stadttypischen Blockrandbebauung zu.
Das Bauwerk unterstreicht in seiner Gliederung die Nahtstelle zwischen offener Bebauung und Blockstruktur und somit das Ende der Kernstadt. Gebäuderaster und Hauptbaukörper des AESCULAPIUMS nehmen in ihrer Ausrichtung die strenge Disziplin der Stadt auf, während die am Aesculap-Platz gelegenen Bauvolumina frei geformt und komponiert sind.
Die Vorgabe der Bauherrschaft, das AESCULAPIUM mit dem Betriebsgelände jenseits der Bundesstraße zu verbinden, wird als ein primärer Entwurfsansatz vorangestellt und weitergeführt: Über den Vorplatz des Haupteingangs und die große Verglasung der Eingangshalle öffnet sich das AESCULAPIUM zur Stadt und nimmt die Bahnhofstraße als deren Hauptachse für sich in Anspruch. Die 4-geschossige Halle mit ihren angegliederten Erschließungselementen Aufzügen, Treppen und Steg bilden den so genannten „gebauten Weg“. Die Aesculap AG erhält somit durch den Neubau des AESCULAPIUMS eine direkte Anbindung an die Innenstadt.
Der Hörsaal ist als Sonderbaukörper durch sein Material und seine Form herausgestellt. Der Saal ist ansteigend und für 120 Personen mit einer Tischbestuhlung versehen. Auf den seitlichen Galerien finden weitere Zuhörer Platz. Aufgrund seiner Hauptnutzung ist der Hörsaal als introvertierter Raum mit künstlicher Belichtung sowie Be- und Entlüftung ausgestattet. Der Hauptzugang zum Saal erfolgt über einen Foyerbereich, der sich in der großen Halle an den Eingangsbereich anschließt.
Die Außenflächen des Kreiskegelstumpfs incl. Dachfläche sind mit einem grünlichen Naturstein (Verde sasso) belegt. Der Innenausbau ist überwiegend in Holz ausgeführt.
Der Ausstellungsraum bildet das Kernstück des Aesculapiums. Er dient der Präsentation der gesamten Produktpalette und als Arbeitsbereich für die Verkaufsgespräche. Im Gegensatz zum Hörsaal weist der Ausstellungsraum eine differenzierte Beleuchtung mit Tageslicht und gezielten Bezügen nach draußen, zur bestehenden Firma, auf. Die Formen und Materialien der angrenzenden Baukörper setzen sich im Inneren der Ausstellung fort.
- Programm:
- Hörsaal für Kongresse und Symposien
- Ausstellungszentrum für medizintechnische Geräte
- Vorführräume mit live Monitorübertragung
- Seminarräume für die Aus- und Weiterbildung von Ärzten und medizinischem Personal
- Cafeteria, Verwaltung
- Bauherr:
- Aesculap AG, Tuttlingen
- Standort:
- Am Aesculap-Platz, Tuttlingen
- Fertigstellung:
- 1995
- Größe (BGF):
- 16.000 m²
- Wettbewerb:
- 1992, 1.Preis
- Auszeichnungen:
- 1996, Auszeichnung Guter Bauten des Bund Deutscher Architekten